Claudias Geschichte

Auch ich möchte meine Geschichte der Öffentlichkeit zugänglich machen, weil immer noch zuviele Leute ein falsches Bild von dem Thema Adoption haben.

 

Es ist jetzt fast 11 Jahre her.
Als ich erfuhr, daß ich schwanger bin ,war ich 16 Jahre alt. Ich weiß heute nicht mal mehr ,wie ich mich in meinen Freund verlieben konnte. Wir waren nicht sehr lange zusammen , als ich von der Schwangerschaft erfahren habe.

Mein Freund hatte natürlich nichts besser zu tun, als sich aus dem Staub zu machen. Da stand ich, schwanger und allein. Ich habe mir dann überlegt, was ich machen kann. Da Abtreibung nicht für mich in Betracht kam, wußte ich eine zeitlang nicht, wie es weiter gehen soll. Ich habe mich nicht getraut meinem Vater die Wahrheit zu sagen, also machte ich weiter meine Lehre und behielt mein Geheimnis für mich. Mit weiten Pullovern klappte das auch ganz gut. Zwar wurde ich immer wieder auf meine Leibesfülle angesprochen, aber ich leugnete beharrlich die Schwangerschaft.

Ich schaffte es, bis zum Einsetzen der Wehen durch zu halten. Mein Vater brachte mich dann ins Krankenhaus (mit Bauchschmerzen), wo ich meine Tochter Janine bekam. Da ich jetzt nicht mehr schweigen konnte, klappte es auch mit meiner Verdrängung der Tatsachen nicht mehr.

Mein Vater kam am nächsten Tag ins Krankenhaus und brachte sofort jemanden von der Caritas mit. Ich wurde dann überredet, über eine Adoption nach zudenken. Einen Tag später stand die Frau von der Caritas schon wieder im Krankenhaus mit zwei Paaren, die meine Tochter haben wollten. Sie wurden mir vorgestellt und danach waren sie ganz schnell wieder weg.

Ich hatte drei Tage Zeit mich zu entscheiden,aber ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Als die Zeit abgelaufen war und ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, habe ich mich für das Paar entschieden, was am ehesten geeignet war in meinen Augen.

Wir fuhren alle zusammen zu den Adoptiveltern. Es wurden noch ein paar Nettigkeiten ausgetauscht und wir vereinbarten ein Besuchsrecht alle vierzehn Tage. Der schlimmste Moment war aber, als ich Janine in die Hände der anderen Frau geben mußte.

Ich glaube, diesen Moment werde ich nie in meinem Leben vergessen.

Die Zeit verging und mein Vater war froh, daß das (Problem!) beseitigt war. Ich machte meine Lehre weiter, aber die erste Zeit wußte ich nicht wohin vor Sehnsucht nach meiner Tochter.

Ich konnte Janine zwar besuchen, aber ich hielt es nicht lange aus, meine Kleine in dieser (heilen) Familie zu sehen, die nicht meine eigene war.

Ich habe dann den Kontakt nach einem halben Jahr abgebrochen weil ich dachte, das ich mit der Trennung so besser zurecht komme. Alles was mir geblieben ist bis heute, sind ein paar Fotos und die Erinnerung.

Heute fahre ich manchmal zu dem Haus, aber ich traue mich nicht rein zugehen. Ich möchte Janine jetzt noch nicht mit meiner Anwesenheit belasten.

Sie soll erst mal ihre Kindheit genießen. Ich kann nur hoffen, daß sie mit dem Wissen der Adoption aufwächst und mich nicht verurteilt, bevor sie meine Seite der Geschichte kennt.

Ich habe sie freigegeben damit sie sorglos aufwachsen kann. Ich habe jetzt zwei weitere Kinder, aber meine Große vergesse ich nie. Der einzige Vorteil ist, das ich jetzt Meister in der Kunst des Verdrängens bin.

Claudias Email-Adresse wird an dieser Stelle nicht veröffentlicht.
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